Die Adobe MAX 2024 – Ein Gastbeitrag von Joely Tafanalo

Vom 14. – 16. Oktober dieses Jahres fand die alljährliche Adobe MAX statt. Ausnahmsweise und trotz Hurrikan Milton in Miami. Joely Tafanalo hat den Event aufmerksam mitverfolgt und beleuchtet in seinem Gastbeitrag die wichtigsten Entwicklungen.

Kürzlich ging die grösste Kreativmesse von Adobe zu Ende. Für Reisefreudige in Miami Beach und für Daheimgebliebene ins Home-Office gestreamt. Mehrere tausend Menschen aus der weltweiten Designbranche kamen zusammen, um sich inspirieren zu lassen und Neues über ihre Arbeitswerkzeuge zu lernen. Der Gastbeitrag fasst die vorgestellten Informationen aus Sicht eines langjährigen Anwenders und Kenner der Szene zusammen.

Eröffnungs-Keynote (Tag 1)

Standesgemäss wurde der grösste Tech-Event von Shantanu Narayen eröffnet. Im Vorfeld wurde der Standort Miami in Florida intern wie extern heftig kritisiert. Der CEO verlor darüber aber keine Silbe und konzentrierte sich auf das Firmen-Verständnis «kreativer Technologie». Konkret hiess dies Adobe Firefly soweit das Auge reicht und eine globale Initiative um den Nachwuchs fit für KI zu machen. Die nahtlose Integration der KI in alle Toos hat derzeit Priorität. Für das Enterprise-Segment gibt es jeweils individuelle Funktionen und Möglichkeiten. Für Enterprise-Kundinnen dürfte auch «GenStudio for Perfomance Marketing» interessant sein, welches zwischen Experience- und Creative-Cloud aufgehängt ist.

David Wadhwany (President, Digital Media Business) stellte danach etwas holprig seine Vision zum Umgang mit KI sowie das neue Firefly Video-Modell vor. Zusammenfassend war die Botschaft «Weniger Zeit mit dem verbringen, was man tun muss. Mehr Zeit haben für das was man tun will». Die anschliessenden Live-Demos der verschiedenen Programme war definitiv der spannendere und unterhaltsamere Teil.

Firefly um Video-Modell ergänzt

Die Generative KI unter dem Titel «Firefly» ist bekanntlich in allen Desktop-Programmen angekommen. Alle bisherigen Funktionen basieren auf dem Bild-, Vektor- oder Design-Modell, welches rasant verbessert wird. Pünktlich zur MAX wurde nun das Video-Modell vorgestellt. Es wird schon bald die Erstellung von Bewegtbildern durch die Eingabe von schriftlichen Anweisungen (Prompts) erlauben. Nicht nur interessant zum Generieren kurzer Social Media Videos, sondern auch, um zu kurz geratene Szenen intelligent zu verlängern.

Neues in alten Programmen

Das beliebte und bewährte Dreiergespann Photoshop/Illustrator/InDesign wurde mit einer Reihe von Verbesserungen aber auch komplett neuen Funktionen ausgestattet. Über den Nutzen derer wird der Alltag entscheiden. Neue Features in Video- und Audio-Programmen werden an dieser Stelle ausgeklammert, sind aber Online gut dokumentiert.

Photoshop (Version 26.0)

• Das Entfernen-Werkzeug beseitigt automatisch unerwünschte «Ablenkungen». Dies mit dem Firefly-Bildmodell
• Generatives Füllen und Generatives Erweitern wurden verbessert
• Generieren eines Hintergrunds durch Prompts, unter Berücksichtiung von Schatten, Perspektive etc.
• Generieren von ähnlichen Varianten für Generative Funktionen
• Nicht zu vergessen ist dabei, dass auch die Web- und iPad-Versionen von Photoshop verbessert wurden.

Illustrator (Version 29.0)

• Mehrere Objekte auf einem Pfad – ausrichten, anordnen und verschieben
• Nachzeichnen von Bildern mit höherer Genauigkeit. Stichwort Verläufe!
• Die «Mockup-Funktion» im Bedienfeld «Modell» wurde qualitativ verbessert
• Text zu Muster wurde verbessert
• Generative Formfüllung wurde verbessert (Firefly Vektor-Modell)
• Text zu Vektorgrafik wurde verbessert (Firefly Vektor-Modell)
• Die kontextbezogene Tasklaste ist nun auch in Illustrator
• Verbesserungen aus der Community wurden umgesetzt (z.B. Grafiken mitsamt der Zeichenfläche skalieren etc.)

InDesign (Version 20.0)

• Generatives Erweitern nun auch direkt im Layout. Praktisch z.B. wenn das Bild nicht bis zum Anschnitt reicht
• Generieren von Bildern mit einfachen Text-Prompts
• InDesign-Dokumente direkt zu Adobe Express exportieren(!)
• Wer Mathematische Ausdrücke braucht, kann diese mit MathML als SVG direkt in Layout einfügen
• Dokumente als eigentständige HTML5-Pakete exportieren.
• Der Dokumenten-Workflow für Cloud-Dokumente wurden verbessert
• Die kontextbezogene Aufgabenleiste ist in InDesign angekommen
• Hinweis: In der Beta-Version können Interessierte endlich (aus InDesign erstellte) PDF-Dateien konvertieren und wieder in InDesign bearbeiten.

Adobe Express – Die rasant wachsende App für Social-Media-Posts, Grafiken, Flyer und Videos profitiert an allen Stellen von KI (Firefly). Spannend dürfte die Batch-Erstellung sein, für schnelle Design-Variationen auf Basis einer Tabelle mit Texten oder Bildern. Besitzer*innen bestehender InDesign-, PDF- oder Powerpoint-Dateien können diese nun direkt in Express importieren und bearbeiten. Persönlich gefällt mir der Ansatz, mit Add-ons den Feature-Umfang nochmals massiv zu erweitern. Im CC-Abo inkludiert und dank Integration ins Adobe-Ökosystem hebt sich Adobe Express zunehmend vom Mitbewerber Canva ab.

Neue Programme

Substance 3D Viewer (Beta) – Mit der neusten Desktop-App schliesst sich die Lücke, welche sich seit dem Wegfall der 3D-Funktionen aus Photoshop aufgetan hatte. Im Zusammenspiel mit Photoshop (Beta) können 3D-Modelle als bearbeitbare Smart-Objekte in normale Photoshop-Dateien hinzugefügt werden, was tolle Möglichkeiten eröffnet.

Project Concept

Ein höchst spannendes Tool für kollaboratives Moodboarding und Konzeption. Unterstützt natürlich durch KI. Erinnert entfernt an Miro und FigJam, fokusiert jedoch voll auf den kreativen Prozess für entsprechende Projekte. Natürlich mit Firefly (Image Model 4!) Integration.

Project Neo (beta) – Diese Web-App wurde bereits im letzten Jahr anlässlich der MAX kurz vorgestellt. Da das Feedback offenbar sehr gross und gut war, wurde es nun im Zusammenspiel mit Illustrator mit neuen Funktionen vorgestellt. Designer können damit intuitiv 3D-Objekte erstellen und bei Bedarf in Illustrator-Designs platzieren. Achtung Suchtgefahr.

Inspirations-Keynote (Tag 2)

Am Tag zwei des Events, war Scott Belsky (Chief Strategy Office, Design & Emerging Products, Adobe) dran. Als Gründer von Behance stellte er natürlich auch die Entwicklungen bei der immer beliebteren Inspirations-Plattform vor. Kreative können sich neu um Freelance-Projekte und Stellen bewerben und Auftraggeber können ihre Projekte direkt ausschreiben. Sogar die Bezahlung wird über Behance abgewickelt.

Beim Stichwort «KI», sprach Scott Belsky von der anfänglichen «Prompts-Ära». Diese werde nun von der «Kontroll-Ära» abgelöst. Mit der Aussicht, mehr Zeit für die Ideation und Kreation aufzuwenden, anstatt wie bisher in der Produktionsphase.

Dazwischen traten drei junge und talentierte Vertreter der Bildenden Kunst auf und teilten ihren Werdegang und Erkenntnisse daraus:

• Devon Rodriguez (Devon Rodriguez Art)
• Emonee LaRussa (Pamanama Studios LLC)
• Jason Naylor (Artist, Jason Naylor Studio)

Sneaks – Duell der Nerds (Tag 3)

Unter den neun gezeigten «Projects» fanden sich erstaunlich viele, welche auf Photoshop basieren. Auffallend war unter anderen das Project KnowHow. Basierend auf der Content Authenticity Initiative hilft dieses browserbasierte Tool dabei, Deep Fakes und andere Veränderungen an Videos, Fotos oder gedruckten Bildern zu entlarven. Mit der abwesend wirkenden Schauspielerin Awkwafina als Gästin hat sich Adobe einen Tiefpunkt geleistet, jedoch hat Adobe Design Evangelist Kelsey Slay als unterhaltsame Moderatorin gepunktet.

Hier eine Auflistung aller Sneaks inkl. deren Hashtags:

• #ProjectCleanMachine
• #ProjectRemixALot
• #ProjectInMotion
• #ProjectSuperSonic
• #ProjectHiFi
• #ProjectScenic
• #ProjectPerfectBlend
• #ProjectKnowHow
• #ProjectTurntable

Update: Generative Credits

Seit der Bekanntgabe der sogenannten «Generative Credits» hat sich Einiges getan. Je nach Abo (Einzel, Team, Enterprise, Education) variieren die monatlich verfügbaren Credits zwischen 1000 und 3000 pro nutzender Person. Pro Aktion auf Basis von KI wird in der Regel ein Credit abgezogen. Benutzende können sich über den Stand der Generative Credits im persönlichen Adobe-Profil informieren. Dort wird die Anzahl monatliche zugewiesener Generative Credits angezeigt und die Anzahl der Generative Credits, die im laufenden Zyklus verwendet wurden.

Fazit und Ausblick

Generatives Design mit Adobe Firefly bleibt DAS Thema schlechthin. Auch Acrobat wartet mit einem (leider kostenpflichtigen) KI-Assistenten auf. InDesign  – die bekannteste Layout-Software – hat offensichtlich keinen Platz auf der grossen Bühne. Dabei bahnt sich beispielsweise mit «InCopy on the Web (Beta)» ein vielversprechendes Feature an, welches das Zusammenspiel von Inhalt und Form nachhaltig verändern dürfte. In den Workshops/Sessions ist InDesign nachwievor eines der beliebtesten Themen. Als Werkzeugkasten für die Content Creation bleibt Adobes Creative Cloud der Platzhirsch. Beim Bereich UX/UI wurde das Feld aber definitiv der Konkurrenz überlassen. Mit Blick auf Express und die Tatsache, dass sowohl Photoshop als auch Illustrator längst im Browser laufen, bleibt zu hoffen, dass InDesign hier bald nachziehen wird.

Save the date

Die nächste Adobe MAX findet vom 28. bis 30. Oktober 2025 in Los Angeles statt.

Joely Tafanalo

Der Kommunikationsdesigner und Trainer hat sich auf Content Creation für Medien spezialisiert und das Training für Kreativsoftware. Er ist mit der weltweiten Design-Community vernetzt und begeistert in Schulen und Firmen für seine Themen.

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